NAMEN
& NUMMERN
NAMES & NUMBERS
NUMMER
6 zieht seine bekanntheit zu einem guten teil daraus, dass die figuren
nummern statt namen tragen oder anders gesagt, die nummern sind hier die eigennamen.
Unterm
strich sollte man erwarten, dass alle im Ort nummern tragen. Warum ausgerechnet
die folgenden figuren bei ihrem (mutmaßlichen) namen genannt
werden, ist nicht bekannt. Auffallend ist, dass man personen mit
namen nicht trauen sollte und sie als bloße werkzeuge gegen
Nummer Sechs agieren. Vielleicht
darf man auch ganz banal vermuten, dass die skriptkontinuität
nicht so viel aufmerksamkeit erfuhr, wie eigentlich notwendig gewesen
wäre.
DOPPELCHARAKTER VON NUMMERN
Durch nummern wird dem individuum jede
besonderheit abgesprochen, es soll sich einreihen. Andererseits wird es erst durch die bezifferung - deren inhärenter doppelcharakter will es so - konkretisier- und individualisierbar, wird zum gegenstand des analytischen blicks. Eine ganz andere frage ist, inwieweit
die nummern im Ort ihrerseits eine rangordnung herstellen und abbilden. Zumindest
bei der 1 und 2 ist das klar der fall.
Da es die 3, 4 und 5 nicht (ersichtlich) gibt, stünde die 6 nun auf platz 3; was der bedeutung der figur entspräche.
Die 7 gibt es (offiziell) nicht (s. unten!),
demnach klafft hier eine lücke, die auch ein signifikanter abstand
nach hinten ist. Es folgen "verschleißnummern", austauschbare akteure
oder funktionen.
Wir schauen genauer hin, in der reihenfolge von plausibel bis unklar.
Der
Sheriff, der Richter, the Kid, vielleicht
der Bestatter, Barkeeper oder, seit Clint Eastwood, der
namenlose fremde - sie alle sind standardfiguren des klassischen
westerns. Kathy oder Mexican
Sam sind nur rollennamen innerhalb des virtuellen
geschehens von "Harmony". Allesamt weniger namen als chiffren, so wie "the Village" der eigenname des Ortes ist. Das macht
sinn. Am episodenende hat alles wieder seine richtigkeit: "Kathy"
ist Nummer 22, "the Kid" Nummer Acht. Und Nummer Sechs
bleibt der Gefangene.
Die freundliche Ms. Butterworth aus der episode "Herzlichen Glückwunsch" entpuppt sich als Nummer Zwei, es handelt sich also nur um einen tarnnamen. Curtis, das vom Village engagierte double von Nummer Sechs in "Der
Doppelgänger", gibt seinen namen nur im schwitzkasten von Nummer Sechs preis. Ob das sein wirklicher name ist, bleibt ungewiss. Dass diese figuren auch klarnamen erhalten müssen, ist von der handlung her absolut nachvollziehbar.
Gleiches gilt für die benutzung des namens Cobb in "Die
Ankunft". Dramaturgisch betrachtet benötigt die figur keine eigene nummer. Es scheint jedoch ebenso menschlich wie verständlich, dass
Nummer Sechs (der sich sonst stets im griff hat) der name im ersten
schreckmoment beim wiedersehen im krankenhaus herausrutscht, weil
er nicht mit ihm gerechnet hat. Zudem, gerade in dieser ersten episode ist Cobb auch die chiffre für die entwendete außenwelt.
Folgerichtig, wie ein stich in die seite, entpuppt der sich
am schluss der episode als agent des Ortes und verabschiedet sich von Nummer Zwei: "Auf wiedersehen!" Die deutsche fassung belässt es hier beim üblichen "Wir sehen uns!"
Nummer 50, die tochter des uhrmachers in "Das Amtssiegel", heißt Monique. "Ich bin eine nummer", sagt sie zu Nummer Sechs, ein steinchen in einem (über-) komplizierten spiel seitens des amtsnachfolgers von Nummer Zwei. Ihr vater nennt sie beim namen, was in der dialogsituation jedoch beinahe untergeht. Auch wenn er damit vielleicht gegen die regeln verstößt, ist dessen verwendung nachvollziehbar. Der oberschurke hier, der handlanger von Nummer Zwei, ist dagegen nur per nummer - 100 - bekannt.
Wie
Cobb ist Roland Walter Dutton in der episode "Die
Anklage" ein ehemaliger
dienstkollege von Nummer Sechs. Der name fällt bei der
(sicherlich arrangierten) begegnung der beiden am strand. Nummer
Sechs liest ihn später auf einem zettel im krankenhaus.
Und das, obwohl in derselben episode alle personen angehalten sind, stets
nur nummern als anrede zu benutzen. Der identifikatorische wert
eines gedruckten namens, zumal bei einem zu vollstreckenden todesurteil,
ist für die zuschauer allerdings weit größer als eine zahl.
Ob
Dutton wirklich als lallender idiot übrig bleibt oder vielleicht
alles nur theater für Nummer Sechs war, ist nicht endgültig
zu sagen.
Im
falle Alison in "Der
Doppelgänger" mit der Village-nummer
24 ist
ein triftiger grund für die namensbenutzung nicht zu erkennen. Er wird benutzt
wie in jeder anderen serie auch. Ließe man ihn weg, würde das nichts an der handlung oder der psychologie der figuren ändern. Sehr
wahrscheinlich ist Alison nicht der wirkliche zivilname.
Sollte sie ihren namen Nummer Sechs (unerlaubterweise oder als strategische maßnahme)
als vertrauensbeweis gesagt haben, wäre
es dennoch naiv gewesen zu glauben, Nummer Sechs werde sich ihr
ohne weiteres anvertrauen. Trotz ihrer verstrickung in die
üblen machenschaften ist sie die erfreulichste
weibliche erscheinung in der ganzen serie. Vielleicht ist sie deshalb mit ihrem namen bekannt. Und vielleicht handelt es
sich auch einfach um einen vergessenen überrest aus einer drehbuchfassung,
nach der sich zwischen den beiden ein tête-à-tête
hätte abspielen sollen.
Wie Dutton mit vor- und nachnamen bekannt ist Nadia Rokowski aus "Die
Glocken von Big Ben". Auch hier legt dramaturgisch nichts zwingend die
einführung eines namens für sie nahe; am handlungsgeschehen ändern würde sein entfernen nichts. Außer man nimmt an, die
verantwortlichen wollten mit dieser irreführung Nummer Sechs
glauben machen, der Ort läge im bereich der "anderen",
des Ostblocks nämlich, und um spuren zu verwischen, dieser
hätte seine finger im spiel.
Paradox
ist die situation im fall Nummer Sechs. Sein bürgerlicher name
ist und bleibt unbekannt - außer man hält es für
sicher, dass er wirklich John
Drake ist. Vom Village erhält er einen ansteckbutton
mit der nummer "6", den er, sichtlich entrüstet, sogleich wegwirft.
Er gebraucht jedoch zugleich seinen eigenen namen als ausweis seiner
individualität auch nicht offensiv dagegen. Warum? Beugt er
sich dem druck? Bei all seinen sonstigen verweigerungsstrategien,
sieht er darin eine art subversive aktion? Natürlich weiß
Nummer Sechs, dass die verantwortlichen seinen zivilen namen kennen. Seine dienstlichen decknamen werden fast alle aufgelistet: Schmidt, Duval und ZM-73. Oder
ist es schlicht das drehbuch, das mit dieser maßnahme die
figur geheimnisvoller, aber auch universeller macht?
Selbst
wenn McGoohan es gebilligt hätte, den namen John Drake
konnten die produzenten nicht benutzen, da die rechte an der figur
bei ihrem erfinder, Ralph Smart, lagen.
Die schlusssquenz von "Demaskierung": Die figur Nummer Sechs ist zurück und fährt im Lotus durch London. Im deutschen
fernsehabspann des ZDF fehlt ein interessantes detail. Während die darsteller Alexis Kanner,
Angelo Muscat und Leo McKern ihren credit erhalten, firmiert der
hauptdarsteller McGoohan (kaum sichtbar im grün-gelben sportwagen links
hinter dem LKW) lediglich als Prisoner. Die ARTE-ausstrahlung 2010 benutzte
den englischen vor- und abspann und brachte dieses detail somit erstmals
auf deutsche bildschirme.
Warum nun einfach Prisoner, warum nicht Patrick McGoohan oder "the Prisoner" an dieser stelle?
Auf diese frage gibt es zweierlei antwort. Zum einen war McGoohan zum zeitpunkt der fertigstellung der letzten folge physisch und psychisch am ende und kümmerte sich nicht mehr wie zuvor um sämtliche einzelheiten der post-production. Sowohl filmcutterin Noreen Ackland wie der ihr nachfolgende Eric Boyd-Perkins blieben allein auf sich gestellt, ohne skript oder leitlinien zur hand, um sich beim schnitt daran zu orientieren. Sie legten sich auf eine variante fest.
Zum anderen hätte die benennung "the Prisoner" ja nur den serientitel wiederholt. So allerdings, durch weglassung des bestimmten artikels, entsteht etwas neues, weiterführendes, ein ringschluss - ein zyklus. Denn, wir erinnern uns, die letzte einstellung von NUMMER 6 zeigt in großaufnahme das gesicht der titelfigur wie ganz zu beginn fast jeden vorspanns.
NUMMER 6 NICHT DER GEFANGENE
MEHR: 7 GESUCHT
Die botschaft ist klar: Es ist nicht zu ende. Die figur mit dem "namen" Nummer Sechs ist nicht länger der Gefangene, der er dem deutschen titel nach ohnehin nicht sein soll, sondern bleibt vielmehr ein Gefangener, wo auch immer er sich bewegt...
Dank für ihre mitarbeit und anregungen an Michael Brüne und David Stimpson
NAMES & NUMBERS
One
reason why THE PRSIONER is well known must be because its characters
bear numbers instead of names or else proper names have become
numbers.
Now,
one would well expect every villager has a number. But those listed below
are the exceptions. The reason why these characters are known by
their (supposed) names we don't know. But what is striking is that
individuals with names obviously cannot be trusted and they would
act aginst Number Six. Because they are mere tools in the hands
of the Village authorities' against Number Six. It is quite
possible, though, that simply in some instances not too much attention
was paid to continuity matters in the scripts.
THE DUAL CHARACTER OF NUMBERS
By attributing numbers the individual is denied any particularity, it is supposed to get in line while, on the other hand - and because of its inherent dual character - numbering itself constitutes the individual, it gets palpable and is subject to the analytical look.
It is a different question as to how much those numbers, in turn,
establish a ranked order in the Village. In the case of the 1 and
the 2 this is evident enough. As there is (apparently)
neither the 3, the 4 nor the 5 the 6 would now take
position 3 thereby underlining its importance. Also
the 7 is absent here (see below!) which creates
a gap as well as a significant distance towards the following. Those
numbers turn out to be mere expendable numbers, exchangable characters
and functions.
So then, let's take a closer look at the usage of names sorted in descending order of plausibility.
The Sheriff, the Judge, the Kid, perhaps also
the Undertaker, the Barkeeper or, ever since Clint Eastwood, the nameless stranger - they all are stock characters of the classical
westerns. Thus Kathy or Mexican
Sam are just role names within the virtual
action of "Living In Harmony". They are less proper names than cyphers just as "the Village" is the proper name of the place. Which is indeed meaningful. At the end of the episode everything is on its right place: "Kathy"
is Number 22, "the Kid" is Number Eight. And Number Six
remains the Prisoner.
Ms. Butterworth of the "Many Happy Returns" episode is a very kind woman but she turns out to be Number Two, thus her name being a code name only. Curtis, the Number Six double sent by the Village in "The
Schizoid Man", would reveal his name only under considerable pressure administered to him by Number Six. If that indeed is his true name remains uncertain, however. But the fact that both of them are given real names is quite conclusive according to the action.
It is a similar case as with the
name Cobb in "Arrival". It appears plausible that
Number Six (who otherwise is always in control of himself) would slip his name away out of a shocking moment when they met unexpectedly in the hospital. Regarding the script no number is really needed for him. Besides, because in this seminal first episode the name Cobb is essentially a token, a code for the now purloined outer world.
Like a stitch in one's side, he proceeds to leave Number Two at the end of the episode saying "Auf wiedersehen!" ("Good bye!") in German. Whereas the German version employs the now familiar "Be seeing you!"
Number 50, Monique, is the name of the watchmaker's daughter in "It's Your Funeral". "I am a number", she says to Number Six and she is hardly more than a pawn in a somewhat (overblown and) complicated game played by the scheming successor in office of Number Two. Her father calls her by her name which is almost unheard in the dialogue scene. He may thus break the rules but this is truly comprehensible. Number Two's henchman, the bad guy here, is known only by his number - 100.
Roland Walter Dutton in the episode "Dance Of The Dead" like Cobb was a former colleague of Number Six. His name is first mentioned on their encounter on the beach
(surely by arrangement from the Village). Later in the hospital Number
Six reads the name written on a note.
This happens although, in this very episode, everyone is told to use only numbers as the form of address. Having a name printed on paper, all the more if the death sentence is brought out to someone,
without doubt would leave a deeper impression on TV viewers than just a numeral.
Whether Dutton is really left as a babbling idiot or it was all only theatre for Number Six' eyes we cannot say.
Village number 24 is Alison in "The Schizoid Man". Here, no significant reason is evident for her having a proper name at all. It is like with any name in any other series. No alteration regarding the episode action or the character psychology would be noticed if it were removed. It is also quite likely that Alison isn't her true civilian name.
If she had disclosed her name to
Number Six (as a breech of the rules or as a strategic means) in an act of confidence it would have been naive nonetheless believing Number Six himself would confide in her. Despite her being involved in the scheming Alison arguably is the most pleasant female character in the whole series. Perhaps that's why she is known by her name. It could also be that the naming is nothing more than the remainder of a script version according to which we would have seen Number Six and Alison becoming a bit more than just mind reading pals.
Like Dutton Nadia Rokowski from "The Chimes Of Big Ben" episode is known by her first and her last name. Here too, we cannot really see why she needs to be called by any name. Omitting it wouldn't change a thing either. At the least, one could assume, those responsible for Number Six' abduction would seem to try to make him believe the Village as such was part of "them",
the Eastern block in particular and, in order to cover one's own tracks, that "they" were playing tricks on him.
It is
a paradox situation in the case of Number Six. His ordinary name
is and remains unknown - unless we take it for granted that he is
in fact John Drake.
By the Village he is given a button with the number "6"
on it which he throws away instantly. He is indignant but at the
same time he is not going to use his own name as a token of his
individuality against this. So, why isn't he? Does he comply to
the pressure? Regarding all his other strategies of refusal, does
he see this as an act of subversion? Of course, Number Six knows
that his real name is well known to the officials (while almost
all his aliases are listed). Or else, is it simply the script rendering
this character both even more mysterious but also more universal?
For
the producers it wasn't possible to use the name John Drake
even if McGhoohan had agreed to do. Because it was Ralph Smart,
its creator, who owned the rights of this character name.
Above
picture, "Fallout" final sequence: While the other actors,
Alexis
Kanner, Angelo Muscat and Leo McKern get
their credits the actor star (barely visible in his green and yellow
sportscar right behind the truck) simply is named Prisoner.
A detail omitted in the German version. It wasn't before German-French
TV station Arte in 2010 rescreened the entire series for the first
time in Germany - and in German - that this detail could be watched
on German screens. Arte was using the original credit sequences
instead of the initial German one of 1969.
So, why, here, is it simply Prisoner, why not Patrick McGoohan or "the Prisoner"?
The answer can be twofold. On the one hand, when the ultimate episode was made McGoohan was physically and mentally shaken by his production. Unlike earlier he hardly cared for every detail of the show's post-production. And so both film editors Noreen Ackland and Eric Boyd-Perkins, who followed her, were left alone with the footage and with no guidelines or a script on how to proceed or how to arrage it all. So they chose to do what they thought was appropriate.
On the other hand, putting a tag "the Prisoner" into this particular scene only would have repeated the title of the series. Now here, by way of dropping the definite article, something new comes into play, something going beyond, the closing of an action - a cycle. For the last moments of THE PRISONER, remember, we see a close-up of the hero's face just like at the beginning of almost every credit scene.
MORE: 7 WANTED
NUMBER 6 NOT THE PRISONER
The message here being: Everything's not over. The character with the "name" Number Six is no longer the Prisoner (something, as the German series title would have it, he wasn't anyway) but he remains a Prisoner whereever he may go...
Thanks to Michael Brüne und David Stimpson for their collaboration and input . |