CHECKMATE
SCHACHMATT

 

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Produktionsbedingte verzögerungen führen zu unterschieden in der US- und
GB-reihenfolge. Die deutsche weicht wiederrum und ohne ersichtlichen grund davon ab.
Die listung der episoden
entspricht der sog. englischen standard-reihenfolge.
Handlungslogisch betrachtet erfordern die episoden von NUMMER 6 keine zwingende abfolge. In praktisch allen ländern, in denen NUMMER 6 lief, gab es eigene reihenfolgen.

Mehr zur episodenreihenfolge...

 

 

"I AM NOT
A NUMBER.
I AM
A PERSON."

"SIX OF ONE,
HALF A
DOZEN OF
THE OTHER."

 

 

DREHBUCH: Gerald Kelsey
REGIE: Don Chaffey
DEUTSCHE EPISODE nr. 5
DEUTSCHE FASSUNG: Joachim Brinkmann
DEUTSCHE ERSTSENDUNG: ZDF 29.11.1969

MEHR: DIE TITEL
SYNCHRONREGIE: JOACHIM BRINKMANN
THIS PAGE IN ENGLISH

EPISODENWÜRDIGUNG

DARSTELLER UND
DEUTSCHE STIMMEN
KOMPLETTE BESETZUNG

Patrick McGoohan
Nummer Sechs
Horst Naumann
Angelo Muscat
Butler
ohne Sprechrolle
Peter Wyngarde
Nummer Zwei
Herbert Weicker
George Coulouris
Schachspieler/Mann mit dem Stock
Klaus W. Krause
Patricia Jessel
Psychiaterin
Alice Franz
Rosalie Crutchley
Königin
Giesela Reissman
Basil Dignam
Supervisor
n.n.

Auf dem zentralen grün des Ortes findet ein schachspiel mit menschen als lebenden schachfiguren statt. Nummer Sechs trifft auf einen außergewöhnlichen schachspieler, der viel über psychologie weiß und wird selbst zur lebenden spielfigur. Nummer Sechs und der "turm"-spieler schmieden einen fluchtplan und wollen ein boot kapern. Unterdessen wird eine frau hypnotisch behandelt und auf Nummer Sechs angesetzt. Kann er sich auf den "turm" verlassen?

PLATZ 8 Trotz der mäßigen story, aber für die üppige inszenierung des drehschauplatzes und die ikonische schach-metapher bis hin zur schlusseinstellung.

 

Lesen Sie nur dann weiter,
wenn Sie NUMMER 6 bereits kennen
und sich näher mit hintergründen,
der produktionsgeschichte, therorie und diskussion beschäftigen wollen.
-
Wir sehen uns!

Von Jana Müller

Die episode "Schachmatt" gehört zur von McGoohan ursprünglich geplanten siebenteiligen miniserie. Sie wurde als dritte episode produziert und als neunte (in Großbritannien) ausgestrahlt. Die aufnahmen mit dem schachbrett vor dem Gothic Pavilion gehören zu den zuallerst, noch vor denen des serienvorspanns gedrehten. Bei genauem hinsehen sind noch die abdrücke im rasen zu erkennen. Viele schätzen sie vor allem wegen der für die serie stilprägenden außenaufnahmen aus Portmeirion. Weite teile wurden vor ort gedreht. Neben den aufnahmen von der zentralen Piazza mit dem schachbrett und den spielern sind impressionen vom areal vor Watch House und dem überbauten fußweg bei White Horses zu erhaschen. Regie bei den außenaufnahmen führte Don Chaffey, die studioaufnahmen leitete Patrick McGoohan, allerdings ohne credit. 

Auf den ersten blick wird "nur" und geradlinig der neueste versuch von Nummer Sechs erzählt, aus dem Ort zu fliehen, in diesem fall mit hilfe einiger mitgefangener. Aber es wird vor allem und in jeder hinsicht mit menschen gespielt. Auf der handlungsebene geht es einmal mehr um die manipulation und entmündigung der bewohner des Ortes durch pseudopsychologische

BILD OBEN: SCHACH-INSZENIERUNG 1991
BILD UNTEN: PERMANENTES SCHACHFELD 2016 ANGELEGT

methoden. Auch Nummer Sechs läuft zumindest oberflächlich gefahr, ein paar behandlungen unterzogen zu werden. Nachdem er die tonaufzeichnung einer kamera außer betrieb gesetzt hat und nach einem psychologischen test, legt die psychologin nahe, eine leukotomie (= lobotomie) in erwägung zu ziehen.

Aber im grunde geht es um schach. Schach gehört zu den zentralen, immer wiederkehrenden motiven in der serie. Für Script-editor George Markstein soll es ein sinnbild für die arbeit des geheimdienstes gewesen sein, wo austauschbare figuren manipuliert und für höhere ziele geopfert werden. Gleich nach seiner ankunft betritt Nummer Sechs mit dem fußboden des cafés unwissentlich das imaginäre strategische schachfeld im ort seiner gefangenschaft. Und schon in der ersten episode wird schach gespielt. "Wir sind alle Bauern", lehrt der Admiral Nummer Neun, nachdem sie vom Ort dazu benutzt wurde, Nummer Sechs nur scheinbar die flucht zu ermöglichen. Und wir lernen spätestens in "Die Glocken von Big Ben", dass auch Nummer Sechs selbst ein guter schachspieler ist. In "Schachmatt" nun wird das spiel zur realität.

MEHR: PRISONER'S PORTMEIRION
MEHR: BAUTEN IN BILDERN

1959 machte ich bei ein paar freunden in Deutschland urlaub. Da bin ich in einem schloss gewesen, und dort im hof war ein schachfeld ausgelegt. Mein deutscher gast sagte, die geschichte geht so, dass der Baron seine bediensteten immer schach spielen ließ, und ein anderer Baron seine angestellten rüberschickte, und so spielten sie im schloss schach. Das war wahrscheinlich irgendwann im mittelalter.

GERALD KELSEY

Sechs jahre später oder so, als ich dabei war, für NUMMER 6 zu schreiben, musste ich daran denken... eine der verrücktesten ideen, die man haben konnte. Plötzlich hatte ich den einfall, die charaktere aufs schachfeld zu stellen und sie herumzubewegen. Vielleicht würde man mich für verrückt halten.
George [Markstein] las das skript, was ich geschrieben hatte, und ich erinnere mich gut, wie George es sich ansah und sagte: "Ha, ha, dieser narr glaubt, er spielt schach!” Er ist nur eine figur auf dem schachfeld, oder? Es amüsierte ihn sehr, dass die charaktere von jemand herumdirigiert würden. Im skript heißt es: "Warum spielen sie mit menschen?” "Die psychiater sagen, es befriedigt das machtbedürfnis.”
George hielt es für ziemlich lustig, dass der bauer wirklich glaubte, er würde schach spielen...
[1]

40 endlose sekunden lang: "Schachmatt" hat wahrscheinlich den stärksten auftakt aller NUMMER 6-episoden. Zuerst ist nur das gebrüll von Rover zu hören, der daraufhin, ganz angemessen, durch den "Triumphbogen" (ein bauteil Portmeirions) herein- und die hauptstraße des Ortes entlangschwebt. Bei diesem akustischen alarmzeichen bleiben die bewohner sofort bewegungslos stehen und lassen das ballonmonster passieren.

Das manifeste schachspiel, mit dem die episode beginnt, gehört zu den surrealsten und einprägsamsten momenten der serie, und seine wiederaufführung ist jedes jahr fester bestandteil der conventions in Portmeirion. Es heißt, drehbuchautor Gerald Kelsey sei 1959 bei einem besuch in Deutschland zu dieser idee inspiriert worden, als er ein schachspiel mit lebenden figuren beobachtete. Durch kenntnis des spiels könnte man, so hier suggeriert, schwarz von weiß - auf das wirkliche leben übertragen - unterscheiden und mit hilfe einer ordentlichen strategie auch tatsächlich einen sieg erringen. Doch hier wird das spiel nicht etwa mit schwarz und weiß, sondern mit bunt gekleideten bewohnern gespielt. Nummer Sechs wird zum bauern der Königin, der zudem das spiel unterbricht, in dem er die anweisungen des spielers ignoriert. Der Turm der weißen Königin ergreift die initiative und setzt den schwarzen könig selbst schach, woraufhin er sofort ins krankenhaus gebracht wird, um von seinem individualismus kuriert zu werden.

Die bemerkenswerteste figur ist der mann mit dem stock, der schachspieler, der die bewohner über das spielfeld dirigiert. Zu beginn der episode zeigt er sich vom furchteinflößenden Rover völlig unbeeindruckt und lenkt so Nummer Sechs' aufmerksamkeit auf sich. Nach dem schachspiel unterhalten sich beide, und es wirkt, als wäre der mann eine ausgabe von Nummer Sechs im höheren alter. Er erklärt, er spiele schach, weil es sein bedürfnis nach macht befriedige. Und die (bunt gekleideten) figuren auf dem schachbrett halte er auseinander, indem er ihr verhalten beobachte, eine methode, mit der man auch im richtigen leben die verbündeten von den feinden unterscheiden könne. Weil es den geist wach hält, ist das schachspiel sein mittel, der gefangenschaft zu trotzen.

Es scheint seltsam, dass diese figur im anschluss an den dialog für die weitere handlung keine rolle mehr spielt, ja, er quasi zum mitläufer der handlung degradiert wird.

NUMMER SECHS TRIFFT DEN MANN MIT DEM STOCK, ABER...

Seltsam ist auch, dass der Ort – inklusive Rover - den mann angesichts seiner ansichten gewähren lässt und sogar unterstützt, seine machtbedürfnisse an den figuren auf dem schachbrett auszuleben. Aber andererseits hält er sich dabei an die regeln seines spieles. Er ist es zufrieden und bleibt ruhig, wenn er spielen kann. Und für die handlung der episode wird er nicht mehr benötigt. Denn jetzt übernimmt Nummer Sechs seine idee und entwickelt daraus eine strategie, wärter von gefangenen zu unterscheiden. Er ist es, der das wissen des mannes und sein spiel auf die realität überträgt. Sein erster verbündeter, dem er seine idee erklärt, ist der Turm. Mit seiner hilfe schart er eine gruppe von gefangenen um sich, die er daran erkannt hat, dass sie seinem selbstsicheren auftreten eher ausweichen, während die wärter ihrerseits arrogant reagieren. Gemeinsam stehlen sie werkzeuge und eine kamera, nicht unbemerkt von Nummer Zwei, der aber seltsam tatenlos bleibt. Anders als in "Die Anklage" oder "Der General" wird weder Nummer Sechs noch ein anderer für die verschwundenen gegenstände zur rechenschaft gezogen. Zwar werden einige psychologische tests an Nummer Sechs durchgeführt (unter anderem der interessante assoziationstest), die aber folgenlos bleiben.

Nummer Zwei baut ganz auf den Turm, der durch seine konditionierung nach aussage der psychologin völlig integriert ist, und auf die hypnotisierte und auf Nummer Sechs geprägte, in ihn "verliebte" Königin, Nummer Acht, die dem Gefangenen überall hin folgt; das am wenigsten überzeugende handlungsdetail. Mehr ist aber auch nicht nötig.

AUF EINMAL IST DER MANN MIT DEM STOCK AUS DER HANDLUNG VERSCHWUNDEN

Und vielleicht ist das der interessanteste aspekt dieser episode, denn am ende scheitern beide, Nummer Zwei und Nummer Sechs, an ihren eigenen schachzügen. Nummer Zwei verlässt sich ganz auf seine wissenschaftlichen methoden, den behandlungserfolg beim Turm und Nummer Acht mit ihrem amulett. Aber weder ist der Turm wirklich "kuriert", noch lehrt er Nummer Sechs, wie Nummer Zwei hofft, dass rebellion nichts bringt. Eher im gegenteil, denn Nummer Sechs findet in ihm seinen ersten wirklichen verbündeten, dem es nicht darum geht, ihm eine falle zu stellen. Und der versuch, Nummer Acht in Nummer Sechs verliebt zu machen, um ihn mit hilfe des amulettes lückenlos überwachen zu können, führt letztendlich nur dazu, dass der Turm und Nummer Sechs an das letzte, entscheidende elektronische bauteil gelangen, um den sender zu bauen, der ihnen unter anderen umständen beinahe die flucht ermöglicht hätte.

Für Nummer Sechs ist sein eigener misserfolg aber offensichtlicher und bitterer. Er vertraut seiner strategie und unterscheidet wärter und gefangene. Er setzt vor allem auf den Turm, der es trotz konditionierung noch nicht verlernt hat, selbstständig zu denken. Am ende scheitert er grandios genau daran. Denn der selbstständig denkende Turm wendet die kriterien, die er von Nummer Sechs gelernt hat, auf diesen selbst an. Und nach denen muss der als wärter gelten. Ausgerechnet seine selbstsicherheit, die ihm den gedanken an flucht erst ermöglicht, verrät ihn und lässt ihn am ende allein dastehen, auf einem schiff, das wieder doch nur dem Ort gehört. Das ist jedoch ein Glücksfall und nicht von Nummer Zwei geplant.

Peter Wyngarde (1927 - 2018) ist deutschen fernsehzuschauern aus der britischen serie DEPARTMENT S von 1969/70 bekannt, die wie NUMMER 6 eine ITC-produktion war. Das "department" war eine Interpol-sondereinheit. Wyngarde spielte dort Jason King, der war im nebenberuf krimischriftsteller und bekannt für seinen extravaganten kleidungsstil. Nach zwei staffeln wurde DEPARTMENT S eingestellt, und Wyngarde lebte 26 episoden lang in dem spin-off JASON KING fort.

Wyngarde, obwohl von krankheit gezeichnet, war am 9. September 2017 der ehrengast bei der von Network in Portmeirion organisierten jubiläumsveranstaltung zum 50. jahrestag der britischen fernsehpremiere von NUMMER 6.

In "Schachmatt" spielt (er) eine fesche, aber kühl kalkulierende Nummer Zwei, der sich selbst unter kontrolle hat. Das einzige mal, dass man aggression bei dieser person erlebt, ist, als er, in seinem judoanzug auf dem boden der kommandozentrale sitzend ein stück balsaholz mit einem kräftigen karateschlag spaltet. Der örtliche befehlshaber mit dem gestreiften highschool-schal um den hals und die schulter macht den eindruck eines college-professors. Er kann sich gut ausdrücken, hat gute manieren und ist wohl erzogen. Er ist charmant, doch er scheint, auf geheiß der ärztin Nummer 22 in diesem fall, zu jeder art gewaltanwendung bereit, sollte es nötig sein. Wyngarde gelingt die darstellung eines mannes, der seine eigenen disziplinierten methoden zur machtausübung gegenüber jedem, der sich gegen ihn stellt, nutzt. Er ist weniger ein verhörspezialist als jemand, der lieber seine administrativen mittel einsetzt, damit andere sich um Nummer Sechs kümmern können.

Textauszug von David Stimpson, blogeintrag vom 26.03.2012

Ursprünglich war für die episode ein anderer schluss vorgesehen. Nummer Sechs hätte zusammen mit der königin auf der MS Polotska auf Nummer Zwei treffen sollen. Außerdem hätte sich herausgestellt, dass Nummer Sechs bereits früher am tag mit einem anderen boot kontakt aufgenommen hatte. Aber der schlussdialog zwischen Nummer Zwei und Nummer Sechs war bereits derselbe wie in der finalen Version.

Schachmatt. Der Bauer der Königin steht wieder auf seinem feld, das spiel kann von vorn beginnen.

[1] Gerald Kelsey in Steven Ricks' videodokumentation "THE PRISONER Investigated", 1991; Kelsey sagt wörtlich: "Why, why do you play, why do you play?” "Why not, I like a game of chess.” Der dialog in der episode ist anders, wahrscheinlich liegt Kelsey einfach mit seiner erinnerung falsch. Übersetzung: Arno Baumgärtel


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