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DUNKLE TRÄUME
UND LANGE SCHATTEN

DIE ENIGMATISCHE EPISODE "DIE ANKLAGE"

VON DAVE BARRIE
MIT ANTHONY SKENE UND
JOHN S. SMITH

In seinem artikel beleuchtet Dave Barrie die wechselvolle entstehung der episode "Die Anklage", eine ganz besondere episode, die alle zutaten enthält, für die NUMMER 6 berühmt geworden ist - und die Barrie gefesselt und nie wieder losgelassen hat.

   

Ein warmer spätsommernachmittag im jahr 1966. Ich bin in Portmeirion. Der grund dafür ist um mich herum. Während meiner ferien ganz in der nähe hörte ich, dass Patrick McGoohan in diesem fantasieort des erbauers Clough Williams-Ellis seine neue fernsehserie drehen würde. Ich fahre für einen tag hin. Ich sehe McGoohan und ein paar andere bekannte gesichter aus dem fernsehen. Auf der einen seite liegen große quadrate auf dem

AUS DEM ENGLISCHEN VON ARNO BAUMGÄRTEL

rasen. Jeder würde es für ein schachbrett halten, groß genug, dass menschen als figuren darauf spielen könnten. Vor mir auf der Piazza vier Mini-Mokes und eine menschenmenge, alle angezogen wie für karneval. Tja, sieht sehr seltsam aus, aber so ist eben das filmgeschäft. Muss ich mir ansehen, wenn es ausgestrahlt wird.

Ich hatte keine vorstellung davon, welchen eindruck "diese serie" und die episode mit dem karneval, "Die Anklage", auf mich ausüben würde, als ich sie das erste mal sah. Ihr nachhall begleitete mich jahrelang.

NEUBEWERTUNG

Weit mehr als jede andere episode von NUMMER 6 hat "Die Anklage" mich gefangen genommen und nicht mehr losgelassen. Sie gilt als eine von sieben schlüsselepisoden und war eine der ersten produzierten. Darin enthalten sind alle wesentlichen bestandteile der surrealen welt von NUMMER 6.

Während die bemühungen von Nummer Sechs sich mit einer gewissen logik fortentwickeln, stehen wir plötzlich vor dieser unheimlichen, traumartigen geschichte, worin Nummer Sechs behauptet, er sei neu im Ort. Er nimmt ein radiogerät an sich und findet sich unmittelbar darauf wegen missachtung der regeln vor gericht wieder, weil er das gerät anscheinend illegalerweise besaß. Obwohl "Die Anklage" eine der ersten episoden war und eine der vier erstproduzierten, ist sie die achte in der serie, da McGoohan sich entschied, sie unfertig beiseite zu legen. Vielleicht weil es keinen eindeutigen plot gibt oder das skript kein ende enthielt, dachte er womöglich, die episode sei noch verwirrender, als NUMMER 6 ohnehin schon war.

Tatsächlich ruft die episode gemischte gefühle hervor, für manche mitglieder [anm.: von SIX OF ONE] ist sie nur rätselhaft während andere sie für brilliant halten. Fragen sie einmal: "Worum geht es in ‘Die Anklage’"? und viele werden sich auf verlorenem posten wiederfinden.

Ich habe die hoffnung, dass dies die bisher vollständigste verfügbare würdigung dieser schlüsselepisode und von Anthony Skenes drehbuch ist. Ich hoffe auch, dass Sie meine bewunderung für "Die Anklage" mit mir teilen können. Dafür

DIE SURREALITÄT DES REALEN:
"EINE BEKANNTMACHUNG: ALLE BÜRGER NEHMEN ZUR KENNTNIS, DASS FÜR
HEUTE ABEND KARNEVAL VERFÜGT IST!"

musste ich einiges an recherche betreiben. So musste ich überprüfen, inwieweit das originale skript sich vom endprodukt unterscheidet. Ich habe mich auch mit John S. Smith in verbindung gesetzt, er war der filmcutter bei dieser episode. Am wichtigsten jedoch, ich habe autor Anthony Skene gefragt, ob er bereit wäre, über seine arbeit zu berichten. Er willigte freundlicherweise dazu ein. Denn die stärke von "Die Anklage" liegt in seinem wohl durchdachten skript, das sinnträchtig ist und die tugend mitbringt, das wesen und die atmosphäre der serie in sich zu bergen.

KAFKA IM WUNDERLAND

Wenn man einer der episoden den begriff "kafkaesk" zuordnen sollte, wäre diese der erste kandidat dafür. Es gibt eine fülle von ideen und details. Diese episode macht den eindruck, als wäre sie mit liebe gemacht. Vermutlich ist sie es.

"Die Anklage" ist die stärkste und vielleicht die am stärksten in sich geschlossene episode der serie und gewährt uns die beste gelegenheit zu erkennen, wie NUMMER 6 erfolgreich auf mehr als nur einer ebene funktioniert. Viel mehr als bei allen anderen kann man die clever aufgebaute geschichte dieser episode auf unterschiedlichen ebenen lesen. Natürlich, es könnte auch ein kerzengerader plot ohne versteckte dimensionen sein. Allerdings ist es nicht schwer, sie als traum oder alptraum zu sehen, eine variation auf die legende von Orpheus, die perspektive eines verrückten, und sicher auch als fantasy. Und sorry, vielleicht ist ja Nummer Sechs ins "Wunderland" oder eins von Grimms märchen gelangt.

Ich möchte diese interpretation mit hinweisen auf entscheidende szenen belegen oder, soweit nötig, durch verweis auf andere quellen. Alles könnte natürlich ein trick des Ortes sein, denn zu beginn der story sehen wir Nummer Sechs, wie er auf irgendeine weise präpariert und and elektrische gerätschaften angeschlossen wird.

Jeder hat so seine lieblingsepisoden. Die einen geradeheraus, eindimensionale geschichten mit einem speziellen thema, andere sind verhüllte kommentare zu gesellschaftlichen aspekten, wie zum beispiel "Freie Wahl" und "Der General". Und doch spüre ich, dass Anthony Skenes skript mit seinen dunklen uns verfolgenden unterströmungen, seiner traumartigen qualität, der darin enthaltenden allegorie und den mehrdeutigen dialogen mehr als jede andere episode in uns ein gefühl mentaler stimulation hinterlässt, noch nachdem die gefängnisgitter vor dem gesicht von Nummer Sechs zusammengeschlagen sind.

EPISODENWÜRDIGUNG: DIE ANKLAGE (D)
APPRECIATIVE EXAMINATON: DANCE OF THE DEAD (E)
DAVE BARRIE: I'M INDEPENDENT, DON'T FORGET
MICHAEL BRÜNE: DIE ANTHONY-SKENE-TRILOGIE
MEHR: HELLO NUMBER TWO!
AUF DIE REIH GEBRACHT: DIE EPISODENREIHENFOLGE
JANA MÜLLER: DER SCHWARM

Die atmosphäre, die in "Die Anklage" erzeugt wird, ist wie in sonst keiner episode. Während "Sinneswandel" hart ist und spröde, "Pas de deux" klaustrophobisch und ruppig, entfaltet Skenes story sich bei angenehmem tempo. Es wird eine traumartige qualität herbeigeführt, und ehe wir uns versehen, sind wir in der verführerischen atmosphäre versunken. Nachdem das gefühl der nichtgreifbarkeit auf clevere weise erst einmal etabliert wurde, kommt es für uns ebenso wie für Nummer Sechs überraschend, vom terror und der unbarmherzigkeit hinter der fassade des Ortes zu erfahren.

Bis dahin verläuft die handlung, so es eine ist, mit ungewohntem schritt, die story entfaltet sich ganz subtil und verlässt sich auf den witz des gesprochenen wortes. Nichts ist zu sehen von konventioneller rauflustiger prügelei, durch die unser held seinen heldenmut unter beweis stellen müsste. Es geht um das, was in seinen kopf ist und um die verfolgung durch einen furchteinflößenden und blindwütigen mob, der seine fähigkeiten und unsere vorstellungskraft strapaziert.

So wie die unterschiedlichen weinjahrgänge, mit denen Nummer Zwei Nummer Sechs reizt, hat "Die Anklage" all die richtigen zutaten und die richtige balance, tiefe und subtilen töne, für eine großartige erzählung. Diese episode ist komplex und gut gereift. In keiner anderen finden wir einen solchen kontrast der atmosphäre wie die zwischen dem fröhlichen karneval und der finsteren, beängstigenden kaltschnäuzigkeit der machthaber des Ortes. Es handelt sich um eine wohl geordnete gesellschaft, regiert von so effektiver rücksichtslosigkeit, die es ermöglicht, menschliche blutrünstigkeit und anarchie in gestalt eines blindwütigen mobs zu organisieren, der auf befehl Nummer Sechs in stücke reißen würde.

Die kluge vielschichtigkeit und die vielen facetten des drehbuchs machen es möglich, dass "Die Anklage" themen wie toleranz, individualität, vertrauen, regeln und gesellschaftliche normen zur sprache bringen kann. Wir erkennen, dass das, was für die mehrheit akzeptiertes verhalten bedeutet, dennoch falsch sein kann. Nummer Sechs steht für individuelles und unabhängiges denken, der Ort. dafür, dass eine große anzahl menschen gesagt bekommen will, was sie zu denken hat und wie ihr verlangen nach konformität auszusehen hat. Abweichendes denken lassen sie nicht zu. Wir lernen, dass verlacht, beschimpft und verfolgt wird, wer ein individuum sein will. Nummer Sechs ist das opfer des herdentriebs.

Die gesamte menschliche geschichte, von Jesus Christus zu Galilei, ist durchzogen von verfolgten denkern, von der religiös motivierten hexenjagd des 17. jahrhunderts bis zu der von senator McCarthy in den frühen 1950er jahren in den USA, die sogenannten "Hollywood Ten". Diese waren zehn freidenker, die sich dem herdentrieb verweigerten und die aus diesem grund für ihre überzeugungen auf einer schwarzen liste landeten. Und, ganz nebenbei, wer sich über die qualität von drehbüchern einiger 50er-jahre-serien wie IVANHOE und ROBIN HOOD wundert, die waren so gut, weil es für ein paar dieser zehn die einzige möglichkeit war, geld zu verdienen, indem sie unter einem pseudonym schrieben.

WUNDERBARE WORTWECHSEL

Nummer Sechs hat in "Die Anklage" kein interesse daran, irgendjemanden von seinen ansichten zu überzeugen oder sie einem aufzudrängen. Das stück ist ein leidenschaftliches plädoyer für toleranz, für den respekt gegenüber unabhängigen denkern. Die Story erhebt philosophisch interessante fragen.

Nicht nur, dass Nummer Sechs sich traut, seinen individualismus und seine unabhängigkeit herzuzeigen, dies führt auch zu wunderbaren wortwechseln über die rechte eines individuums. Etwa:

Nummer Zwei: "Sie tun, was Sie wollen."
Nummer Sechs: "Solange es das ist, was Sie wollen."
Nummer Zwei: "Solange es das ist, was die mehrheit will. Wir sind demokratisch. Soweit es geht."

Oder wenn Nummer Sechs dem zimmermädchen seinen eigenen anzug präsentiert:

Zimmermädchen: "Was hat das zu bedeuten?"
Nummer Sechs: "Das ich immer noch ich selber bin."
Zimmermädchen: "Seien Sie froh!"

Sein kryptischer kommentar geht an der oberflächlichkeit des zimmermädchens völlig vorbei. Denn für ihn ist es ein ganz wichtiger moment. Für ihn bedeutet es, dass er sich selbst noch nicht verloren hat. Und das, wo er von leuten umgeben ist, die der logik der anstalt oder des alptraums entsprechen. Und wo es um die befolgung von regeln geht:

Beobachterin: "Das ist die ordnung. Von dem volk, durch das volk, für das volk."
Nummer Sechs: "Ob das wohl so gemeint ist?"
Beobachterin: "Sie sind ein böser mensch."
Nummer Sechs: "Böse?"
Beobachterin: "Sie haben keine ideale!"
Nummer Sechs: "Andere ideale."

Und vom arzt hätte man diese äußerung hören sollen:

Arzt: "Wir werden erst dann ruhig schlafen können, wenn jeder alles über jeden weiß."

Schade nur, dass so ein beißender kommentar über die privatsphäre in der endfassung der episode getilgt wurde.

Natürlich, jeder erinnert sich an die klassische begegnung am strand, eine szene, die (filmcutter) John S. Smith dereinst gefangen nehmen sollte: der dialog zwischen Nummer Sechs und Nummer Zwei in der verkleidung von Peter Pan. Wann immer Nummer Sechs einen gegenstand aus seiner wirklichen welt anführt, entgegnet Nummer Zwei mit einem aus der sphäre des Ortes. Am ende dieses verbalen gefechts steht, mit bezug auf die gefangenschaft, die schlussfolgerung von

Nummer Zwei: "Dann sind sie verrückt."

Andere szenen sind ähnlich bemerkenswert. Etwa als Nummer Sechs des nachts über den balkon steigt und sich aus seinem haus absetzt. Oder zum beispiel Dutton, der als hofnarr hergerichtet auftaucht. Oder als Nummer Sechs von einer meute durch die unterirdischen gänge gejagt wird. Oder Nummer Sechs

allein auf der pirsch durch flure und räume, den schlüssel zu einem davon findet er an einem buch hängend. Das alles untermalt von unheimlicher musik. Ich fühlte mich wirklich so sehr an "Alice im Wunderland" erinnert, dass ich daneben schon eine kaninchenerscheinung hatte.

Dann wiederrum, neben solchen verstörenden bildern, der vielzahl der ideen, dem humor, der feinsinnigkeit, dem ausgefuchsten, facettenreichen plot sind da die dialoge; sicherlich bedeutungsvoll, bisweilen tiefschürfend und sogar poetisch. Nummer Sechs, zum beispiel, als er auf der Belvedere-plattform den gemessenen worten aus dem illegalen radio lauscht.

"Jetzt ist der katzenjammer groß, denn so eine streikwelle ist ansteckend, wie eine pockenepidemie. Der wilde aufstand grassiert und nur kräftig dosierte..."

Anm.: Diese worte gibt es nur in der deutschen fernsehfassung, während auf der originaltonspur nur eine unverständliche stimme im ätherrauschen zu hören ist. Deshalb dreht Nummer Sechs an der sendereinstellung.

"Nirgendwo ist es so schön, wie hier. Heute abend, wenn der Mond aufgeht, wird ein silberschein über der welt liegen. Verstehen sie. Es ist wichtig, dass sie verstehen. Ich habe eine nachricht für sie. Hören sie gut zu. Die verabredung kann nicht eingehalten werden. Heute abend muss etwas anderes geschehen. Wenn unsere qualen enden sollen, wenn wir die freiheit wiedererlangen wollen, müssen wir die disteln anfassen, auch wenn unsere hände dabei blutig werden. Nur durch schmerz stellen wir die zukunft sicher."

Er wird von Nummer Zwei und seiner persönlichen beobachterin gestört, und die stimme aus dem radio fährt fort:

"Soweit das übungsdiktat mit 60 wörtern in der minute. Und nun ein kapitel aus den kriegs-..."

Vielleicht war es eine diktatübung, jedoch liegt mehrdeutigkeit in dieser nachricht, sie könnte sich direkt an Nummer Sechs richten. Wir werden im unklaren gelassen. Sind etwa wir gemeint? Die botschaft ist rätselhaft, und ich frage mich, ob der Ort. der urheber ist oder sie von einer quelle außerhalb stammt.

Anthony Skene erzählte mir später: "Die idee mit der radiobotschaft kam mir aufgrund der verschlüsselten BBC-sendungen während des krieges, die für die agenten der Resistance in Frankreich gedacht waren. Die nachricht hier ist original. Es gab noch eine zusätzliche zeile, da hieß es: "... und damit endet für heute die sendung 'Englisch im Radio'".
Ich ziehe daraus den schluss, dass die botschaft, die Nummer Sechs hier hört, von außerhalb kommt, nicht vom Ort..

Er erzählte mir von zwei möglichen und glaubwürdigen szenarien. Nach szenario eins sind die radiobotschaft und die an den strand angespülte leiche mit dem radio in der jackentasche, das Nummer Sechs dann entdeckt, teil eines plans seitens des Ortes, um Nummer Sechs in die irre zu führen und ihn seinem willen zu unterwerfen. Szenario zwei bedeutet, die leiche wurde tatsächlich an den strand gespült, und das radio ist wirklich ein verbindungsglied zur außenwelt. Wo wir nun wissen, dass die botschaft von einem sender von außerhalb stammt, ist auch der prozess echt und nicht inszeniert. Allerdings, ohne den vorteil, das drehbuch gelesen oder mit Anthony Skene gesprochen zu haben, bleibt das endprodukt auf dem fernsehschirm ein umso effektiveres rätsel.

Ein anderer wichtiger gesichtspunkt im zusammenhang mit der leiche und der absicht von Nummer Sechs, mit ihrer hilfe die aufmerksamkeit der außenwelt auf sich zu lenken, ist der voice-over-kommentar. Im bild zu sehen ist McGoohan, wie er der leiche die landkarte, ein foto von sich und die mitteilung in die tasche steckt. Dabei hört man diese worte:

"An den, der diesen mann findet."

Das ist alles. Im skript dagegen steht:

"Voice-over Nummer Sechs: 'Ich werde umgebracht. Wenn ich nicht fliehen kann, muss ich wissen, dass mein mörder vor gericht kommt.'

Daraufhin hätte man die stimme des toten gehört:

"Sie finden ihn in einem ort am meer versteckt. Die geografische position ist mir unbekannt. Ich hoffe, die grobe skizze hilft, ihn zu finden. Beigefügt ist ein foto von ihm, damit es keine zweifel gibt."

Für mich ist das klarer und verständlicher. Ich habe John S. Smith zu diesem punkt gefragt. John hatte sich gemeinsam mit McGoohan der sache angenommen, und McGoohan hatte ihm eine komplette voice-over-einspielung für die ganze sequenz gegeben, er sagt: "Nimm das."

Aber sehen wir uns das drehbuch an, die anderen vorgenommenen änderungen und auch, wie die episode zu ihrem titel kam. Vom "tanz", den wir vor dem prozess sehen, dachte ich immer. Aber es sieht so aus, als gäbe es auch eine andere möglichkeit. Im originaldrehbuch heißt es:

"P steht auf und geht zum fenster. Schwach hörbare Londoner verkehrsgeräusche. Diese verebben, als er die gardinen aufzieht."

In der endfassung ist das nicht zu hören, es öffnet aber das tor zu einer weiteren interessanten dimension. Bevor er zu seinem nächtlichen ausflug aufbricht, hört man die einlullende stimme, die ihn in den schlaf wiegen soll. Im drehbuch heißt es:

"Zusätzlich zur stimme hört man den takt eines metronoms im herzrhythmus eines schlafenden."

Und:

"Musik und stimme verstummen plötzlich, der langsame unerbittliche takt geht weiter."

Skene nennt die atmosphäre "hypnotisch". Später im wald sieht Nummer Sechs zwei männer ein riesiges loch verfüllen. Der arzt ist dabei. Nummer Sechs hört mit:

Ausgräber: "Fertig, Sir."
Arzt:
"Wir können doch keine leichen herumliegen lassen, oder?"

Schon gruselig. Beim späteren karneval tritt - die männliche - Nummer Zwei im kostüm von Jack the Ripper auf. Der wichtigste unterschied allerdings ist, dass das ende ganz anders ist. So ist es im original: Nummer Sechs wird im telexraum von Nummer Zwei aufgespürt.

Nummer Zwei: "Ein mensch kann nur einmal sterben. Und sie sind bereits tot, nicht wahr? Dort in unserer kammer?"

Nummer Zwei führt Nummer Sechs daraufhin zur beobachterin.

Nummer Sechs: "Ich gebe niemals auf... Tot zu sein hat seine vorteile."

Dann zerschmettert er den fernschreiber. Im skript heißt es:

"Er wendet sich an die beobachterin und fährt fort: 'Sollen wir tanzen?'"

Sie lassen Nummer Zwei inmitten der bruchstücke des fernschreibers stehen und gehen in den ballsaal zurück, wo gerade ein hektischer formationstanz im gange ist, dem sie sich anschließen. Alle tanzen, als würde der teufel spielen. Die musik spielt schneller und schneller. Hell erleuchtet scheint der Ort. in der nacht. Niemand ist zu sehen.
Die kamera fährt zurück, bis das meer zwischen uns und dem Ort. zu sehen ist, und weiter bis der Ort. nur noch ein lichtschein in der nächtlichen dunkelheit ist. Endtitel.

In einer ausführlichen analyse des originaldrehbuchs [anm: in einem älteren 601-mitgliedermagazin] schrieb Bruce Clark: "Dieser schluss hätte der story, die sich ohnehin schon im traumzustand befand, noch mehr surrealismus verliehen."

Als John S. Smith und ich darüber sprachen, waren wir uns einig, dass dieser schluss der bessere höhepunkt gewesen wäre und die episode in unserer beider wertschätzung noch weiter nach oben befördert hätte. Warum also gibt es den "tanz" nicht? John erzählt die geschichte.
Er hatte die episode von Geoff Foot, dem ursprünglichen filmcutter, übernommen. Bei der arbeit daran erkannte er, dass die geschichte mit der verfolgung durch die meute endete. Er war sich sicher, dass das originale ende nicht gedreht worden war. Nun waren monate vergangen, und John musste aus dem vorhandenen material den bestmöglichen und am meisten zufrieden stellenden schluss schaffen. So kam es, dass "Die Anklage" ohne den finalen tolldreisten wirbel stattfindet.

DIE MASKE DES ROTEN TODES

Eine der theorien den episodentitel betreffend besagt, dass er gewissermaßen dem film THE MASK OF THE RED DEATH [anm: deutscher kinotitel: "Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie"] von 1964, unter der regie von Roger Corman, entnommen ist. Auf der habenseite des films stehen Nicholas Roegs herausragende fotografie (er drehte später DON’T LOOK NOW - "Wenn die Gondeln Trauer tragen") sowie Charles Beaumonts und R. Wright-Campbells bemerkenswertes drehbuch. Sie haben der kurzgeschichte von Edgar Allen Poe eine prise mystizismus eingehaucht. Der Rote Tod, in gestalt einer in eine rote robe gekleideten mönchsfigur, erscheint als überbringer, als retter. Als der Tod zum schluss demaskiert wird, trägt er das gesicht von Prospero (der schurkische teufelsanbeter). Ein widerhall der demaskierung von Nummer Eins durch Nummer Sechs?

Weitere wichtige merkmale: Ebenso wie der Rote Tod die farbe trägt, die Prospero und seine jünger verboten haben, trägt Nummer Sechs seinen eigenen anzug, was im Ort. normalerweise nicht erlaubt ist. In THE MASK OF THE RED DEATH leben die figuren in furcht vor der pest. In "Die Anklage" fürchten sie sowohl den Ort. als auch Nummer Sechs selbst und seinen individualismus. Auf dem höhepunkt kommt es zu einem maskenball. Der Tod, diese gestalt in der roten robe, bewegt sich lautlos inmitten der feiernden. Auf seine berührung hin sinken sie langsam zu boden, ihr leben wie auch ihr tanz - vorüber. Eine hübsche theorie, aber nicht gesichert.

EPISODENWÜRDIGUNG: DIE ANKLAGE (D)
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JANA MÜLLER: DER SCHWARM
AUF DIE REIH GEBRACHT: DIE REIHENFOLGE DER EPISODEN

Abgesehen von der höchst einfallsreichen vision, die der ursprüngliche schluss der "Anklage" gewesen wäre, ist Anthony Skenes drehbuch sehr detailreich in seinen schilderungen. Etwa wenn Nummer Sechs die flure und räume erkundet, die zu dem kleinen raum mit der leiche darin führen. Skene skizziert: "ein 'Germanischer' horror von einem länglichen engen raum..., an dessen gegenüberliegenden ende, kaum größer als eine briefmarke, eine weitere tür" und, beim karneval: "kichernde leute, gespenstisch klingend." Solche beschreibungen beschwören eine alptraumwelt herauf. John S. Smith, der zuvor lediglich an studiobasierten episoden gearbeitet hatte, sagte in einem früheren SIX-OF-ONE-interview: "Mir ging allmählich die arbeit aus, und so tat ich mich um und wollte eine episode fertigstellen, die Pat zunächst beiseite gelegt hatte, um später daran weiterzumachen. Sie hieß 'Die Anklage' - 'Dance Of The Dead'. Ich habe mich in sie verliebt, denn in ihr war all die magie und vitalität, das, worum es in der serie ging. Eine mixtur aus theater, kino und fantasy... Ich werde die szene am strand mit Mary Morris nie vergessen, angezogen als Peter Pan und die langen schatten von der untergehenden sonne. Das wesen der serie lag genau in dieser atmosphäre."

Wie vernommen, McGoohan hatte die episode unvollendet ins regal gestellt. ITC machte druck und wollte mehr episoden. John ging zu McGoohan und sagte, er habe noch termine frei, und McGoohan, der bis zum hals in arbeit steckte, meinte, er solle ruhig weitermachen. John hatte den eindruck, dass diese schon vor monaten gedrehte episode vernachlässigt worden war. McGoohan erzählte ihm: "Sieh zu, was du machen kannst." Und: "Wenn dir dazu etwas einfällt, mach es." Also ging John an die arbeit. Er hatte alle takes und glaubte nicht, dass ausschuss darunter war. Aber der schluss machte ihm probleme. Noch einmal nach Portmeirion zu gehen und szenen nachzudrehen, war aus zeit- und geldgründen nicht möglich. So schnitt er die episode mit dem, was er hatte und gestaltete das ende, wie wir es kennen.

John bestätigte auch, dass Trevor Howard für die rolle von Nummer Zwei vorgesehen war. Er wohnte damals in dem dorf Arkley, buchstäblich nur einen steinwurf vom studio entfernt. Er und Don Chaffey [anm.: regisseur von "Die Ankunft", "Die Glocken von Big Ben", "Die Anklage", und "Schachmatt"] gingen regelmäßig zusammen ins Gate Village Pub. Allerdings wurde nichts aus der sache mit Nummer Zwei, da Howard an einem anderen film arbeitete und nicht verfügbar war. So wurde Mary Morris Nummer Zwei.

Über die szene am strand begeisterte sich John: "Don Chaffey war ein handwerker. Eine aufnahme wie diese ist sehr schwer hinzukriegen, eine menge einstellungen sind nötig, um den himmel so dramatisch erscheinen zu lassen. Die sonne geht schnell unter." John und ich hatten auch ähnliche ansichten über die figur Dutton: "Sehr sympathischer charakter, klassisches clownsgesicht. Ein gesicht wie aus dem klassiker ORPHEE" (1950, regie: Jean Cocteau).

Das war im November 1966, "Die Anklage" ging als vierte episode in die post-produktion. "Die Glocken von Big Ben" war die fünfte. Darin trat Leo McKern als Nummer Zwei auf. Nach Johns ansicht wurde Leo zu diesem zeitpunkt bereits als festes crewmitglied angesehen, mit McGoohan und Don Chaffey als seniorregisseur. John S. Smith schrieb in einem brief: "Als ich den rohschnitt von der 'Anklage' sah, befeuerte das meine

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fantasie. Und vielleicht war es der einfluss der alten meister auf mich in meinen lehrjahren, der mich dazu brachte, die unbeachtete episode fertigzustellen, in der all der zauber des Ortes steckte, den meine anderen episoden vermissen ließen. Oder wurde ich von Nummer Eins so konditioniert und programmiert, damit ich als belohnung diese kränkelnde episode entdeckte?" Eine fantasie? Wir werden sehen.

In meinem artikel "I'm independent, don't forget" von 1993 habe ich einige filme genannt, die als möglicher einfluss auf NUMMER 6 gelten können. Außer THE MASK OF THE RED DEATH drei klassiker, wobei DAS CABINET DES DOKTOR CALIGARI chronologisch der erste ist, regie führte Robert Wiene. Schauen Sie sich diese beschreibung an: "Eine visuelle welt, verdreht und gemartert, der reflex einer welt voller verwirrender mehrdeutigkeit und paranoia, wo man niemandem vertrauen kann."
Handelt es sich um "Die Anklage"? Nein, so wurde DAS CABINET DES DOKTOR CALIGARI beschrieben. Dieser film von 1919 ist ein herausragendes beispiel für die frühe deutsche expressionistische filmkunst. Expressionismus lässt sich am besten bestimmen als externalisierte darstellung der inneren befindlichkeit und des aufruhrs im menschen. Virginia Woolf hat ihn für seine fähigkeit bewundert, innere zustände zu visualisieren und, wie sie sagt: "die gestalt der angst darzustellen."
Es geht darin um einen schlafwandler, der unter der macht eines bösartigen zirkusdirektors steht. Am schluss des films erkennt man, dass die ganze story nichts weiter war als das verzerrte toben des irren, der die geschichte aus seiner perspektive erzählt. Tatsächlich ist der zirkusdirektor der freundliche arzt unseres erzählers. Eine parallele zur "Anklage"? Die episode wird von angst und hereinbrechender dunkelheit zusammengehalten. Es ist, als würde Nummer Sechs durch die nächtliche welt des unbewussten streifen.

COCTEAU TWINS

Jean Cocteau machte in den 1940er jahren zwei außerordentliche fantasyfilme, beide gespenstisch und poetisch. LA BELLE ET LA BETE (1946, "Es war einmal") ist sehr atmosphärisch. Da gibt es statuen, die die heldin mit ihren blicken verfolgen, während sie durch einen verlassenen palast mit verspiegelten korridoren

wandelt. Auf der suche nach einer flüchtigen figur geht sie schweigend daran vorbei. ORPHEE (1950) basiert natürlich auf der Orpheus-legende. Orphee ist gefangen von einer reihe seltsamer radiobotschaften, von denen er glaubt, sie seien für ihn bestimmt. Er erhält durch einen spiegel zugang zur unterwelt, wo es zu einem prozess kommt, nicht gegen ihn, sondern gegen die Prinzessin des Todes. Auch Nummer Sechs bekommt freien zutritt zur unterwelt des Ortes, die ihm normalerweise verschlossen ist.

Wenn Sie meiner argumentation folgen wollen, wird deutlich, dass "Die Anklage" möglicherweise ein traum ist, sicher aber eine fantasie. Vielleicht ist Nummer Sechs, wie im CABINET DES DOKTOR CALIGARI, der insasse einer anstalt. Wir sehen schließlich nur seine verzerrte wahrnehmung. Erinnern Sie sich an das ursprüngliche ende? Viele ideen aus dem skript wurden auch verwässert oder verändert, vielleicht hielt man sie für zu extrem. Allerdings ist "Die Anklage" ebenso reichhaltig wie komplex, und sie hat einen vorteil, sie ist als episode mächtig genug, um auf eigenen füßen zu stehen, ganz für sich. Nicht nur das, sie wird auch weiterhin als legitimer erbe der schule des fantastischen wie die von Robert Wiene bestehen. Cocteau war ein meister darin. Also fantasy?

Wenn es stimmt, dass NUMMER 6 mehr fragen aufwirft als zu beantworten, dann hat "Die Anklage" einen größeren anteil daran als andere episoden. Ich habe Anthony Skene geschrieben in der hoffnung antworten zu bekommen und ihn gefragt, ob er mir behilflich sein könne. Er war so freundlich, das zu tun. Eine zeitlang war er mehr als nur hilfreich und stets bereit, auch dann zu antworten, wenn es um kleinigkeiten ging. Halliwell [anm.: britischer filmjournalist, in den 1970er jahren herausgeber u.a. von "Halliwell’s Film Guide"] beschreibt Anthony Skene als "britische(n) autor, bekannt für raffiniert konstruierte beiträge zu serien... Er liebt die herausforderung, nach einer formel zu schreiben... schreibt sprudelnde satiren... Er hat jahrelang für viele serien geschrieben und ebenso eigene stücke verfasst wie stoffe adaptiert." Ich stelle Ihnen im folgenden seine anmerkungen vor.

SKENE PLAY

Es beginnt 1965. Anthony Skene schrieb einige stücke für Redifusion Television für eine serie mit dem titel THE SEVEN DEADLY SINS. Die erste episode hieß "In The Night", und die geschichte läuft in echtzeit ab. Auf uhren sah man 9.02 und am ende der folge 9.58, die werbeunterbrechung schon mitgerechnet. Skene bezeichnet sie als "puzzlestück, worin verzweifelten leuten etwas passiert." Ich selbst erinnere mich nicht daran, aber an die zweite episode, ich saß wie angenietet vor dem fernseher. Und auch George Markstein sah sie. Ich hoffe, meine erinnerung trügt mich nicht.

THE FILE ON HARRY JORDAN (1966)

Harry Jordan, ein rücksichtsloser junger mann, sitzt in einer aufnahmeprüfung für den juniorchefposten einer großen firma. Er besteht und wird eingestellt. Was er jedoch nicht weiß, die prüfungsaufgaben waren so abgefasst, dass die auswahl auf ihn fallen würde!
Nichts und niemand steht im bei seiner beruflichen karriere im weg. Der hauch des geheimnisvollen umgibt allerdings die firmenleitung. Jordan ist hingerissen, er muss es herausfinden. Mit dem aufzug kommt man nur bis zum 12. stock, obwohl auf den knöpfen im aufzug der 13. stock angezeigt wird. Jordan macht sich auf und sucht einen weg dorthin. Und es gelingt ihm. Ein schweigender zwergenhafter butler begrüßt ihn, und er trifft auf den "mann hinter der großen tür", der die firma leitet. Jordan erfährt, er sei der auserwählte, der die firma übernehmen und leiten solle. Es gebe aber einen haken an der sache: Die räumlichkeiten, in die er nun gelangt ist, würde er nie verlassen können. Einen weg hinaus gebe es nicht. Und in einem unbeobachteten moment ist der mann hinaus und verschwunden. Zu spät, er lässt Jordan und den butler zurück. Jordan erkennt, dass er ein gefangener ist. Natürlich, das war ein jahr bevor NUMMER 6 in die produktion ging.

Noch ein wort zu THE FILE ON HARRY JORDAN. An die version von 1965 mit Barry Foster erinnere ich mich am besten, auch Anthony Skene denkt mit positiven gefühlen daran. Skene: "Die ursprüngliche 1965er produktion in schwarzweiß war brilliant, mit Barry Forster als Harry, regisseurin war, ganz im geiste von Fritz Lang, Joan Kemp Welch (1906 - 1999). Es war ewigkeiten, bevor es videorecoder gab, aber es war nicht livefernsehen, sondern [anm.: auf dem videoaufzeichnungsband] Ampex". Ein paar jahre später gab es ein remake mit Shane Bryant [anm.: 1978, auch unter dem titel "Do You Remember?"]. Skene war davon derart beschämt, dass er nach der hälfte der zeit abschaltete. Die erste fassung wurde aufgezeichnet und wartet jetzt in irgendeiner vergessenen staubigen gruft auf ihre wiederentdeckung.

Es war aufgrund dieser beiden starken stücke, dass sich Markstein an Skene wandte und ihn bat, für DANGER MAN zu schreiben. Skene kam mit einer story über das filmfestival in Cannes, die jedoch nie umgesetzt wurde, weil DANGER MAN auslief. Markstein und Skene kamen gut miteinander aus. Daraus ergab sich eine einladung an Skene zu einem treffen in den Elstree-Studios, um die neue serie zu besprechen, die für CBS in den USA hergestellt werden sollte. Es galt als ausgemacht, dass DANGER MAN und NUMMER 6 ein und dasselbe wären.
Als man Skene die idee zu NUMMER 6 mitteilte, existierte nicht ein stück papier, auf das man sich hätte beziehen können. "Die Ankunft" war noch nicht geschrieben. Skene sagt: "Ich habe nichts schriftliches zu sehen bekommen. Die show, mehr als die meisten anderen, war eine kosmische leere. Die saßen da und warteten auf ideen, eine herangehensweise, eine haltung." Und weiter: "Freie hand? Um Gottes willen ja." Mit kopfschmerzen fuhr er nach hause. Und immer wenn er nicht recht weiter wusste, nahm er die idee eines prozesses wieder auf, ein konzept, das er bereits erprobt hatte. "Wenn ich fest hänge, mache ich einen prozess", erzählte er mir. Als mögliche inspirationsquellen nannte er THE DEVIL AND DANIEL WEBSTER, auch bekannt als ALL THAT MONEY CAN BUY [anm.: 1941, regie: William Dieterle, deutsch "Der Teufel und Daniel Webster"]. Darin kommt es zu einem prozess.

"Nachdem ich George eine idee geliefert hatte, die eines standgerichts, sagte er: 'Mach weiter'", so Skene. Man darf nicht vergessen, er wusste nichts über die welt des Ortes, und so hatte er die gelegenheit, einige seiner ideen in das drehbuch einzubringen wie auch grundlagen zu schaffen. Er erwähnte schon seine "kopfschmerzen": "Meine kopfschmerzen standen vor so einer gewagten aufgabe."

Ich fragte ihn über Trevor Howard als vorgesehene Nummer Zwei. "Beim ersten treffen habe ich mich gefragt, wie wir wohl weibliche gaststars gewinnen würden. Man sagte mir: 'Oh, Nummer Zwei wird ein großer stars ein, schreiben sie für jemand wie Trevor Howard oder Alec Guinnes', die aber beide zu groß für eine fernsehserie waren. Mary Morris hatte mir gut gefallen, ich arbeitete mir ihr an anderen projekten. Sie war sehr enigmatisch seit dem DIEB VON BAGHDAD."

Ich fragte ihn auch über die geräusche, die man zu beginn der episode hätte hören sollen, der herzschlag von Nummer Sechs und die straßengeräusche aus London, wenn er zum fenster geht. Sollten die im kopf von Nummer Sechs sein? Nein, sie wären vom Ort. erzeugt worden.

Die szene mit der radiobotschaft auf dem Belvedere Outlook, wer hätte sie gesendet? Es interessierte mich besonders. Er erzählte von den zusätzlichen und dann gestrichenen dialogen, die einen mit mehrdeutigkeit hängen lassen.

Als er mit der "Anklage" fertig war, schickte er das skript weg, und es wurde angenommen. Er erhielt aber niemals ein produktionsskript. "Das gab es nie", sagte er. Schließlich wurde er gebeten, ein drehbuch für eine weitere episode zu schreiben. Jetzt aber war das geld knapp. Skene: "Tomblin wollte viel archivmaterial benutzen, Nummer Sechs vor einer rückprojektion von Marokko." Skene war jedoch der meinung, er wüsste etwas besseres und ging los: "(Ich) zog meine gummistiefel an und latschte über das studiogelände". Daraus wurde "A. B. und C." "Die kirchentür, die Französische Straße, all das stand noch von dem film DAS DRECKIGE DUTZEND, und noch anderes mehr." Skene weiter: "Die leute glauben immer, dass autoren vom sofa aus arbeiten."

STEVEN RICKS: STUDIO DAYS - MGM-BOREHAMWOOD

Bedenkenswert bei diesem skript ist, ob McGoohan sich an diese episode erinnerte, als es dem ende zuging und er darüber nachdachte, wer Nummer Eins sein würde. Hat er daran gedacht, dass "D" Nummer Zwei war? Paralleldenken...

Über sein drittes drehbuch, "Herzlichen Glückwunsch", sagte Skene: "Um diese zeit war George bei [anm.: dem fernsehsender] Thames. Es sollte die 13. und letzte episode sein. Nummer Sechs kommt raus, muss aber wieder eingefangen werden, wenn die serie weiterlaufen soll." Zusammenfassend meinte er: "Es war nur ein job unter vielen in dem jahr." Als ich ihn fragte, mit welchen von seinen arbeiten er gern in zusammenhang gebracht würde, antwortete er bescheiden: "Eigentlich keine. Das sind alles zeitungen von gestern." Anthony Skene arbeitete darauf an anderen aufträgen, einige gemeinsam mit George Markstein.

Wir gehen ein paar jahre weiter.

Ein student eines soziologieseminars an der legendären Ontario Education Authority schrieb an Skene. An dieser fakultät wurde NUMMER 6 im unterrichtsplan behandelt. In den unterlagen wird der film ORPHEE genannt. Dieser student wollte also persönlich mit Anthony Skene sprechen. Dessen erste reaktion war: "Dieses seminar hat sich wohl irgend so ein verschrobener kauz ausgedacht." Mir schrieb er: "Enthüllung! Als ich "Die Anklage" geschrieben habe, muss ich Jean Cocteaus filzhut aufgehabt haben."

Kleine exkursion: Andere seminare der OEA behandelten themen wie: "Kann sich 'Die Anlage' als poesie qualifizieren?’" und: "Welche einsichten erhalten wir durch R.D. Laings arbeiten bei dieser episode?" Die frage nach ORPHEE in diesem konkreten fall war: "Im mythos steigt Orpheus in die unterwelt hinab, um Eurydike zu retten. Was von diesem mythos wird in dieser episode von NUMMER 6 reflektiert?"

Trotz dieser verbindungen zu ORPHEE finde ich, dass "Die Anklage" völlig eigenständig ist. Es ist schließlich fast unvermeidlich, dass die episode, und NUMMER 6 als ganzes, mit anderen ähnlichen imaginativen filmen oder auch literarischen werken verglichen wird. Rund um die grundlegene handlung mit dem illegalen radio und dem folgenden prozess hat Anthony Skene eine erstklassige geschichte geschaffen.

A CARNIVAL OF SOULS

Diese geschichte glänzt mit einem karneval und, dank Anthony Skenes story und Don Chaffeys regie, mit dem fantasievollen einsatz der gegebenen örtlichkeiten. Da gibt es unvergessliche studiosets und einige beeindruckende figuren.

Nach dem originaldrehbuch hätte Nummer Zwei Jack the Ripper werden sollen. Als Mary Morris einstieg, wurde gesagt, sie könne sich als "Old Father Time" verkleiden. Zum glück wurde das alles von der figur Peter Pan verdrängt, was womöglich damit zu tun hatte, dass Mary Peter Pan einige zeit vorher am theater gespielt hatte. Jedenfalls war es eine kluge wahl. Denn so können wir ein weiteres rätsel vorstellen, eine gewagte verbindung vielleicht zu THE MASK OF THE RED DEATH. Prospero hat aus freien stücken seine seele dem Teufel vermacht. Peter Pan, der junge, der niemals erwachsen wird, hat keinen schatten. In vielen sogenannten "primitiven" kulturen glaubt man, dass ein lebewesen ohne schatten keine seele hat. Wir sind jedoch auf der sicheren seite, denn in der szene am strand sagt Nummer Sechs zu Peter Pan [anm.: im originaldialog]:

Nummer Zwei: "You are waiting for someone, Mr. Tuxedo,
or expecting someone?"
Nummer Sechs: "Mister Peter Pan..."
Nummer Zwei: "So it seems."
Nummer Sechs: "With his shadow..."
Nummer Zwei: "You’re being hostile again. What are you looking at?"

Und in der deutschen fernsehfassung:

Nummer Zwei: "Wartet der herr im smoking auf jemand? Wen erwarten sie?"
Nummer Sechs: "Den großen unbekannten..."
Nummer Zwei: "So sieht es aus."
Nummer Sechs: "Sein schatten ist schon da."
Nummer Zwei: "Sind sie immer noch aggressiv? Wonach haben sie geschaut?"

Andere figuren aus dieser episode tragen eigene karnevalskostüme. Tatsächlich entwächst aus ihrer bloßen nummer ihrer wahrer charakter. Aus der beobachterin wird natürlich Bo-Beep [anm.: eine schäferinfigur aus einem kinderlied], die über ihre herde

wache hält. Das zimmermädchen, der arzt und der ausrufer tragen gewänder der höchsten gewalt, Königin Elisabeth I., Napoleon und Caesar. Den hofnarren muss natürlich Dutton spielen.
Die figuren sind gut herausgearbeitet. Mary Morris als rücksichtslose Nummer Zwei, Alan White der verlorene und geschlagene Dutton, Norma West als übersensible, verworrene beobachterin, die an ihrer loyalität zu zweifeln beginnt, sowie Duncan Macrae als betrügerischer gruseliger arzt. In wirklichkeit ist der arzt ein dämon, wie aus einem alptraum.
Ich muss an die letzten zeilen des kinderreims "Oranges and Lemons" denken:

"Hier kommt eine kerze, um deinen weg ins bett zu beleuchten. Und hier kommt der henker, um dir den kopf abzuschlagen!" (übersetzung: Wikipedia).

So stelle ich mir den arzt vor, wie er herumgeistert, stets auf der suche nach seinem nächsten opfer, das hackebeil irgendwo am körper verborgen.

Natürlich behält Nummer Sechs als Mr. Tuxedo seine integrität in dieser verkehrten, surrealen welt, von seinem schicksal nichts ahnend bis zum ende und selbst dann noch ungläubig. Alle, auch nebenfiguren haben gute dialoge. Etwa die boshafte Camilla Hasse als Nachtsupervisor mit ihrem kommentar über Bo-Beeps bemerkung über das nachlassen der vorsicht beim tod von Nummer 34: "Ich habe ihn ganz gut gekannt." Die Nachtsupervisorin kontert: "Er hat sie nicht gekannt, oder?" Sehr treffend.

Eine wichtige figur jedoch passt überhaupt nicht in die reihe. Braucht sie auch nicht: die schwarze katze. Ja, die schwarze katze steht im drehbuch. Man könnte Nummer Sechs nachsehen,

dass er glaubt, die katze sei eine freundin, bis er von ihr verraten wird. Nummer Zwei lacht: "Sie arbeitet auch hier." Mir fallen nicht viele filme ein, wo eine katze eine solche schlüsselrolle hat. Vielleicht ist es symbolisch.

Natürlich sind die karnevalskostüme symbolisch wie viele andere symbole in der geschichte. Bei den dialogen zum beispiel die szene am strand oder der prozess. Vielleicht ist der karneval selbst ein symbol für das jährliche opfern eines lamms, um die herde zu weihen.

Im weiteren sinn ist die episode als solche symbolisch. Mir kommt sie bedrohlich vor und voller düsterer vorahnungen. Es geht um den tod. Die leiche am strand, der im wald verbuddelte körper, Duttons tod als persönlichkeit, der beinahe-tod von Nummer Sechs auf der flucht vor dem mob, der ihn in stücke reißen wollte. Die ausdruckslosen blicke aus den gesichtern der ortsbewohner beim karnevalsumzug. Die figur Napoleon mit dem schwarzen hut. Nummer Sechs, als man ihm sagt, er sei bereits tot. Das geisterhafte lachen im skript und die idee mit Nummer Zwei als Jack the Ripper. Ein grund, dass es dazu nicht kam, mag gewesen sein, dass man die episode für zu beängstigend hielt.

Dieser karneval der seelen wird von den farben der kostüme erleuchtet, der musik und dem interieur aus dem 18. jahrhundert. Und dadurch, dass Nummer Sechs diese alptraumwelt unversehrt überlebt, um eine nächste herausforderung zu bestehen. Dazu Peter Pan, und wir haben das symbol der ewigen jugend.

"Die Anklage" entzieht sich der allzu leichten rationalisierung. Wir lassen uns vom gemächlichen verlauf der episode leicht täuschen, sind geblendet von einer flut von ideen und bissigen dialogzeilen, in denen mehr steckt als in vielen abendfüllenden spielfilmen. Als Anthony Skene, ein bewunderer Cocteaus, und ich über ORPHEE sprachen, meinte er: "heutzutage knirscht er ein bisschen." Ich wage zu behaupten, dass dies mit der "Anklage" nicht geschehen wird. Die zeit wird ihr nichts anhaben können.

TRAUM - ALPTRAUM - ANOMALIE

Um zum abschluss zu kommen, man könnte mit recht sagen, dass die clever konstruierte story ein traum oder ein alptraum sein könnte. Hinweise gibt es viele. Es könnte die geschichte aus der perspektive eines verrückten sein, auch dafür gibt es anhaltspunkte. Ganz sicher handelt es sich um fantasy oder um ein halbes dutzend anderer möglichkeiten. Ich hoffe, es ist mir gelungen, dazu beizutragen, die episode auf mehr als nur einer ebene zu sehen und dass ich einige fragen beantworten konnte; und hoffentlich konnte ich noch mehr fragen aufwerfen.

Eins der hier ausgelassenen rätsel ist das foto in der brieftasche des toten am strand. Darauf ist er zusammen mit seiner mutmaßlichen freundin zu sehen, und nur den bruchteil einer sekunde lang. Beide sitzen auf dem rand des zierbrunnens auf

der Village Piazza. Im drehbuch steht nichts darüber. War es sorglosigkeit auf seiten der produktion oder absicht? Wenn verantwortliche des Ortes der leiche das foto zugesteckt hätten, hätte Nummer Sechs die umgebung erkannt. Soll ich auf dieses spiel eingehen, und welches spiel dann? Sie sehen, die fragen hören nicht auf. Und die spielregeln habe ich auch noch nicht gesehen.

Anthony Skene hatte freie hand und konnte sich etwas einfallen lassen. Ganz gewiss geht es hier um tod und wiedergeburt, die geschichte ist ein machtvolles statement über toleranz und ein eloquentes plädoyer für das recht des individuums und ein schlag gegen gedankenlosen konformismus. Nehmen Sie den ursprünglichen schluss mit hinzu, den verrückten tanz, und es wäre ein triumph des surrealismus geworden, gleichrangig mit allem, was das kino unternommen hat, ein wahnsinnig guter stoff. Wäre die episode als zweite gezeigt worden, wäre es die konsequente fortentwicklung dessen gewesen, was mit "Die Ankunft" begonnen worden war hinsichtlich tiefe und komplexität, die dunkle seite des Ortes wäre deutlicher hervorgetreten.

Vielleicht, weil man sich die aufmerksamkeit des publikums sichern wollte, haben wir stattdessen eine abfolge von episoden, mit klaren geschichten und definierten handlungen. Nunmehr als episode acht, bleibt "Die Anklage" eine anomalie.

Sicher sehen Sie nun, warum ich mich auf meine eigene odyssee begeben habe, um diese episode besser zu verstehen und sie entsprechend besser zu würdigen, die schönste und wahrscheinlich diejenige, die am stärksten den intellekt fordert. Und schließlich gibt es da die denkrichtung, die der meinung ist, dass die ursprüngliche idee für NUMMER 6 von George Markstein stammte. Und erst nachdem McGoohan die möglichkeiten in ihr erkannt hatte, wurde die serie so surreal und allegorisch, wie wir sie heute kennen. Wenn das aber wahr ist, woher hatte dann Markstein die idee? Hat er sich, neben anderen, an THE FILE ON HARRY JORDAN erinnert? Viele elemente aus NUMMER 6 stecken darin.
Ich jedenfalls habe einen weiteren analytischen beitrag zur entstehung von NUMMER 6 geleistet. Ich hoffe, dieser artikel hat etwas mehr licht auf das rätsel mit dem titel NUMMER 6 geworfen und insbesondere auf Anthony Skenes beteiligung daran. Er hat uns durch seinen ideenreichtum und sein können als autor so viele momente und bilder aus der serie gegeben, an die wir uns gut erinnern.

Zum abschluss noch etwas zu dem rätselhaften fernschreiber. Empfängt dieser signale von Nummer Eins? Wo er doch von Nummer Sechs zerstört wird, wieso sendet er dennoch weiter? All das gehört zum rätsel NUMMER 6.

EPISODENWÜRDIGUNG: DIE ANKLAGE (D)
APPRECIATIVE EXAMINATON: DANCE OF THE DEAD (E)
DAVE BARRIE: I'M INDEPENDENT, DON'T FORGET
MICHAEL BRÜNE: DIE ANTHONY-SKENE-TRILOGIE
MEHR: HELLO NUMBER TWO!
AUF DIE REIH GEBRACHT: DIE EPISODENREIHENFOLGE
JANA MÜLLER: DER SCHWARM

"Keiner von uns ist sicher, solange nicht jeder alles von jedem weiß."

Ich mag meinen traum.

Ich habe vielen menschen zu danken, die mir bei der vorbereitung zu diesem artikel geholfen haben und ohne die er nicht zustande gekommen wäre: Dave und Julie Jones, Simon Coward, Bruce Clark, Steven Ricks, John S. Smith und natürlich Anthony Skene

Dave Barrie gründete 1977 die PRISONER Appreciation Society SIX OF ONE. Dieser artikel erschien im mitgliedermagazin "In The Village" 3/1994.


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